Die Welt steuert auf eine Finanzkrise ungeheuren Ausmaßes zu. Die Verschuldung in der Welt hat in den letzten zwei Jahrzehnten stetig zugenommen. Um das anschaulich zu machen, folgende neue Grafik:
Die höchsten Zuwächse sind nach den Angaben der Quelle zu dieser Grafik bei den Unternehmen und im staatlichen Sektor zu verzeichnen (Wachstum seit 1997 ungefähr um das 3,5 fache). Der Finanzsektor und die privaten Haushalte haben sich demgegenüber nicht ganz so stark verschuldet (ungefähr um das 3,15 fache). Der Bankensektor hatte sich zwar bis 2007 sehr stark verschuldet, aber seitdem ist die Verschuldung nur langsam gestiegen. Insgesamt ist die Verschuldung in der Welt seit 1997 um das 3,33 fache gestiegen.
Nun ist ja auch die Wirtschaftsleistung seit 1997 angestiegen. Um das zu berücksichtigen, müssen wir unbedingt Wirtschaftswachstum und Verschuldungswachstum ins Verhältnis setzen:
Wir sehen, die Verschuldung in der Welt ist seit 1997 schneller gestiegen als die Wirtschaftsleistung. Und wie wir aus vorhergehenden Grafik erkennen können, ist nicht nur die Staatsverschuldung kritisch, sondern auch die der Unternehmen (d.h. Nicht-Finanz-Untern.). (Siehe dazu auch den letzten Blogbeitrag.)
So kommt es, dass die Schulden laut IIF (Institute of International Finance) nach dem 1. Quart. 2019 in der Welt bei knapp 320 % des Welt-BIP liegen. Um auch diese Zahl einzuordnen, soll noch folgende Angabe gemacht werden: Die Staatsverschuldung liegt bei den Industriestaaten durchschnittlich bei 110 % des BIP. Ab 120 % des BIP wird es kritisch, ab 140 % gibt es in der Regel (d.h. nur in Ausnahmefällen) keine Rettung aus eigener Kraft mehr.
Deutschland eine Insel der Seeligen?
Deutschland ist eine der wenigen Staaten, die ihre Staatsverschuldung in den letzten Jahren zurückfahren konnten, und liegt jetzt (genauer Ende 2018) bei einem Schuldenstand zum BIP bei 60,9 %. Die absolute Verschuldung ist dabei in den letzten Jahren kaum gesunken, aber das Wirtschaftswachstum war recht kräftig, und es gab auch Haushaltsdisziplin, also den Willen, den relativen Schuldenstand zu senken. Das ist z.B. bei Italien, wo es kaum Wirtschaftswachstum gab, also viel schwieriger. Auch hält sich die Verschuldung der Nicht-Finanz-Unternehmen in Grenzen (54 % des BIP im 2. Quart. 2017). Dennoch wird Deutschland durch eine globale Finanzkrise auch betroffen sein, schon allein durch die wirtschaftlichen Verflechtungen, und natürlich durch die Zugehörigkeit zum Euro. Ein Umstand kam Deutschland bei dem Zurückfahren des relativen Schuldenstandes zu pass: die niedrigen Zinsen im Euro-Raum. Sie machten das Ausgeben neuer Staatsanleihen und das Umschulden leicht. Sie sind aber zugleich ein Zeichen für die heraufziehende Finanzkrise.
Die ersten Vorboten der globalen Finanzkrise
Normalerweise haben die Notenbanken einen ganzen Kasten von Werkzeugen für die Geldpolitik. Ihr wichtigstes Werkzeug ist dabei, die Festlegung des Leitzinses (das ist der Zins, mit dem sich die Banken von der Notenbank Geld leihen können). An diesem Leitzins orientieren sich die Banken wiederum, wenn sie Zinsen an Sparer ausschütten, für Geld, das sie von den Sparern erhalten. Da die Leitzinsen im Euro-Raum in den letzten Jahren nahe bei Null oder direkt bei Null lagen, war auch der Sparzins recht niedrig. Nun gibt es Kommentatoren, die meinen, dass der Grat, auf dem sich die EZB (Europäische Zentralbank) bewegt, recht schmal ist. Auf der einen Seite darf sie die Leitzinsen nicht zu schnell anheben, weil sie sonst das Wirtschaftswachstum abwürgt (höhere Zinsen belasten die Unternehmen, da sie dann auch höhere Zinsen für geliehenes Geld, also Kredit bezahlen müssen), auf der anderen Seite darf die Wirtschaft auch nicht überhitzen, weil zuviel Kredit ausgereicht wird und der wirtschaftliche Absturz dann umso kräftiger ist. Es drohen in diesem Fall Preisblasen, wie z.B. die Hypothekenkrise in den USA zur Zeit der Finanzkrise.
Allerdings gibt es auch Meinungen, die sagen: die EZB kann gar nicht mehr spürbar den Leitzins anheben, weil dann sofort einige Länder im Euro-Raum bankrott sein würden, z.B. Italien (dieses Land hat eine Staatsverschuldung von 131 % des BIP im Jahr 2018). Diese Meinung ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die EZB hat seit 2015 auch nicht mehr den Leitzins im Euro-Raum angehoben, sondern hat versucht, mit sogenannten „geldpolitischen Lockerungen“, dem Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen, der Wirtschaft im Euroraum neuen Schwung zu verleihen (den Leitzins konnte sie ja nicht mehr senken, er befand sich bei Null). Damit hat sie aber ihre Bilanz (also den eigenen Besitz von Wertpapieren) stark ausgeweitet. Jetzt besteht die Gefahr, dass die EZB diese Bilanzvergrößerung nicht mehr zurückfahren kann und dadurch Staatsschuldenfinanzierung betreibt.
Man kann es drehen und wenden, wie man will, die europäische Notenbank, aber nicht nur die, auch andere große Notenbanken, wie die japanische oder US-amerikanische, stecken in der Klemme, sprich die große, kommende Finanzkrise wirft ihre Schatten voraus. Die Enteignung der Sparer hat schon begonnen, denn die Sparzinsen liegen unter den Inflationsraten. Wenn man sich weiter vor Augen hält, dass die Schuldenobergrenze für den US-amerikanischen Haushalt bis Ende Juli 2021 (neun Monate nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen) außer Kraft gesetzt wurde – die Ausgabengrenzen für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 wurden angehoben und das bei einer US-amerikanischen Staatsverschuldung von 108 % des BIP! –, dann sieht man, hier braut sich schuldenmäßig etwas zusammen.
Wie wird sich die globale Finanzkrise äußern, ein großer Crash?
Wenn auch die ersten Vorboten der globalen Finanzkrise erscheinen, so wissen wir nicht, wie sie sich einmal austoben wird. Was wird crashhaft sein, was in Abmachungen zwischen Gläubigern und Schuldnern enden, was wird durch Inflation oder auch Deflation bereinigt. Manche Autoren wissen natürlich mehr und vermuten eine „Eiszeit in der Weltwirtschaft“ – so heißt zumindest ein Buchtitel von Daniel Stelter, der sich viel mit der Schuldenproblematik beschäftigt hat (Campus Verlag GmbH, 2016 Frankfurt am Main, 34,94 Euro, 326 Seiten). Der Publizist Max Otte sieht viele kleine Crashs auf uns zu kommen: „Wir werden wahrscheinlich nicht den nächsten Crash kriegen, sondern ein Einfrieren zunehmend zwangsadministrierter Märkte erleben. Das sehen wir auch schon: Immer mehr Teile im System können nur noch mit Gewalt bewegt werden. Es droht nicht der eine große Crash, sondern eine Vielzahl kleiner, kontrollierter Explosionen, wie aktuell im italienischen Bankensektor.“ (https://www.wiwo.de/finanzen/boerse/max-otte-wie-die-ddr-im-endstadium/19179340-all.html) Auf alle Fälle sagt dieser Mann eine Vertrauenskrise in die Geldwirtschaft und die Wirtschaft überhaupt voraus. Aber dazu muss man kein großer Prophet sein, das war bei allen Geldkrisen bisher immer so.
Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Buchstelle in Robert R. Prechter „Besiege den Crash“ (Börsenmedien AG, Kulmbach 2002, S.89), in der der Autor den Bankfachmann Hamilton Bolton zitiert. Dieser wertete die größten wirtschaftlichen Depressionen in den Vereinigten Staaten von Amerika seit 1830 bis 1957 aus und stellte u.a. fest: „Der konkrete Auslöser war zwar jeweils ein äußeres Ereignis wie zum Beispiel ein größerer Bankrott, aber die Anzeichen waren schon Monate, in manchen Fällen sogar Jahre im voraus sichtbar.“ Und: „Keine [Depression Seb. Sol.] verlief genauso wie die vorangegangene, wovon sich die Öffentlichkeit immer täuschen ließ.“
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
[…] wird: das übermäßige Ansteigen der Schulden in der Welt. [Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag „Crash oder Eiszeit? – eine globale Finanzkrise kommt auf uns zu“] Auch einige andere Autoren, wie Daniel Stelter gehen davon aus, dass es dazu kommen wird. […]
[…] dem ersten Blogbeitrag vom September 2019 zum globalen Finanzcrash [https://oekonomie-kompakt.de/crash-oder-eiszeit-eine-globale-finanzkrise-kommt-auf-uns-zu/] wurde gleich am Anfang eine Grafik gezeigt, dass die Verschuldung in der Welt seit mindestens 1997 […]